Die Rettung
Wie die Überlebenden gerettet
wurden...
Nachdem die Titanic tosend untergegangen war, wollte keiner der Überlebenden
zurück rudern.
Das Durcheinander, das an Bord begann als die Evakuierung in vollem Gange war,
war auch noch in den Booten zu spüren. Es waren nur sehr wenige, die wußten,
was zu tun war.
Nachdem Boot Nr. 6 herabgelassen worden war, wurde Hichens von Smith befohlen,
weitere Passagiere in der Nähe des Schiffes aufzunehmen. Sei es aus dem Wasser
oder aus den Fenstern der Titanic. Mit den Worten: "Es ist jetzt unser
Leben, und nicht Ihres." ruderte er aus Angst vor dem Sog vom Schiff weg.
Er weigerte sich, umzukehren und sagte den anderen Passagieren, die im Wasser
Schwimmenden würden beim Versuch, sie zu retten, das Boot zum kentern bringen
und sie alle töten.
Das Klappfloß A konnte niemanden aufnehmen. Man hatte nicht die Möglichkeit
gehabt, die Seiten hochzuklappen und so schwappte das Wasser bereits in das
Boot. Die Menschen würden an Erfrierungen sterben.
Floß B war von Bord gespült worden und schwamm nun umgedreht im Wasser umher.
Unter den 22 Menschen, die sich darauf festhielten, waren Harold Bride,
Lightoller und Colonel Archibald Gracie.
Offizier Lowe formte mit den Booten 14, 10, 12 und einem der Flöße eine Art
schwimmende Insel. Man würde ein großes Objekt besser erkennen können, auf
das man zu schwimmen konnte. Nachdem das laute Getöse aufgehört hatte, wollte
er wieder zurück, um weitere Opfer in seinem Boot aufzunehmen.
Nach einer Stunde tat er dies. Er fand nur noch vier lebende Schwimmer, von
denen zwei nach einer weiteren Stunde starben.
Es war stockdunkel und man konnte die Boote untereinander kaum sehen. Man
begann, sich um die Überlebenschancen Sorgen zu machen. Einige meinten, daß
schon bald hunderte von Schiffen zu ihrer Rettung kommen würden. Andere
rechneten, wenn überhaupt, mit 3 bis 4 Tagen.
Nur die 22 Menschen auf dem Floß wußten, daß die Carpathia unterwegs war.
Unter Ihnen war Bride, der ihnen berichtete, daß die Carpathia um ca. 4.00 Uhr
eintreffen sollte.
Mr. Cottom, der am Radio der Carpathia saß, glaubte erst nicht an einen
Notfall, als er von der Titanic hörte. Als Kapitän Arthur Rostron die
Nachricht erhielt, machte er sofort kehrt und fuhr der Titanic mit voller Kraft
entgegen.
Er veranlaßte, das alle Heizungen der Kabinen abgeschaltet wurden, um die
Kessel voll betreiben zu können. Passagiere sollten in die Kabinen gehen und Ärzte
an Deck. Leinen, Taue, etc. sollten bereit gemacht werden, um Opfer zu bergen,
heiße Getränke und Essen sollten bereit stehen. Es war eine perfekte
Vorbereitung.
Als erstes wurde Boot 2 aufgenommen. Gegen 4.00 Uhr waren die ersten Überlebenden
an Bord der Carpathia.
Einige der Passagiere der Carpathia dachten, daß sie selbst in Gefahr wären,
erkannten aber Angesichts der kleinen Boote, die auf sie zukamen, schnell, daß
sie eine Rettung durchführten.
Von 4.00 - 8.00 Uhr nahm das Schiff Überlebende auf. Mit Hilfe einer Pfeife
machte Lightoller auf das Floß aufmerksam, das aufgrund der immer stärker
werdenden Wellen zu kentern drohte. Auch sie wurden gerettet.
Ismay wurde ebenfalls gerettet. Er hatte einen Zusammenbruch, verweigerte
jegliche Nahrungsaufnahme und blieb bis zur Ankunft in New York in einer Kabine.
Er schrieb nur ein Telegramm an die White Star Line und bat darum, ihn und die
Offiziere schnell abzuholen.
Im Morgengrauen wurde ein Dampfer gesehen, der langsam durch das Eis manövrierte.
Drei Stunden später kam der Dampfer längsseits und bot seine Hilfe an. Das
Angebot wurde abgelehnt. Der Dampfer, der ungefähr drei Stunden gebraucht hatte
um 10 Meilen zurückzulegen, war die California.
705 Überlebende wurden auf der Carpathia untergebracht, die dann gegen 8.50 Uhr
Richtung New York losfuhr. Die California sollte noch zurückbleiben und nach
Opfern suchen. Um 11.00 Uhr fuhr die California Richtung Boston, ohne Leichen
oder Überlebende gefunden zu haben.
Die Welt erfuhr am 18. April, daß die Titanic gesunken war. Die Namen der Überlebenden
wurden telegraphiert. Genaue Informationen waren jedoch keinem bekannt. In New
York wurden die Überlebenden von einer Masse von Photographen und Reportern
empfangen.
Die Frage, wer überlebt hatte, war geklärt. Wie das Unglück passieren konnte,
sollte geklärt werden. Ismay, der schnell den Pier verlassen wollte, wurde von
Senator William Alden Smith sogleich vor ein Untersuchungskommitee gebracht.
Die White Star Line hatte noch eine letzte Verpflichtung gegenüber ihren
Kunden.
Die Suche nach den Leichen begann: 190 Körper wurden ihren Familien zurückgebracht,
116 wurden in Segeltüchern auf See beerdigt. Am 25. April wurden weitere 17
gefunden. Das Schiff Algerine fischte den letzten verstümmelten Leichnam aus
dem Wasser und beerdigte ihn auf See.
Eine Zeitschrift aus dem Jahr 1912
Der Untergang
Was geschah am 14. April 1912? Wie kam es zu dem Unglück, bei dem
wahrscheinlich mehr als 1500 Menschen ihr Leben verloren?
0.00 Uhr am 14 April 1912. Die Welt auf der R.M.S. Titanic ist noch in
Ordnung. Die meisten Passagiere dürften schlafen, oder sie vertreiben
sich auf dem 270m langen Oceanliner auf eine andrer Art die Zeit. Der
wachhabende Erste Offizier - William Murdoch- steht in dieser ruhigen
sternenklaren Nacht auf der Brücke. Die Nacht ist kalt, und es gab
schon Eiswarnung. Trotzdem fährt die Titanic mit 24 von 29 gefeuerten
Kesseln, also fast mit voller Kraft. Im Ausguck sitzen die Matrosen, sie
kämpfen gegen die Kälte und die eingeschränkte Sicht. Die Nacht ist
mondlos, die See ruhig. Alles was einen Eisberg möglichst früh
sichtbar macht spielt gegen den Ozeanriesen. Es besteht kein Grund zur
Panik. Die Titanic ist durch ihre automatisch schließenden Türen ein
unsinkbares Schiff. Alles was sie in die Fluten ziehen kann ist so groß,
daß man es schon früh erkennt. Auch der Konstrukteur Thomas Andrews
ist sich sicher, die Titanic ist ein stabiles Schiffchen.
Die Minuten laufen davon. Ungefähr 40 Sekunden vor 0 Uhr 20 meldet der
Ausguck einen Eisberg und schlägt Alarm. Ein gefrorener Koloß ist nur
noch rund 450 Meter entfernt, keine zwei Schiffslängen. Murdoch
reagiert sofort. Er gibt den Befehl: "Ruder Steuerbord, Maschine
volle Kraft zurück!". Das Heck des Luxusliners beginnt sich nach
Steuerbord zu bewegen, der Bug langsam nach Backbord. Da die Motoren rückwärts
laufen bricht das Heck nicht zu stark nach Steuerbord. Einige Sekunden
später gibt Murdoch den Befehl: "Hart Backbord!" Damit
versucht er das Heck nach Backbord ausbrechen zu lasse, um dieses auch
an dem Hindenis vorbei zu steuern (unter den damals gültigen Befehlen
bedeutete hart Steuerbord, daß der Bug des Schiffes nach Backbord
schwingen sollte). Jedoch sind die 40 Sekunden, die von der Titanic zum
zurücklegen der 450 Meter benötigt werden, verstrichen. Das Schiff
kracht mit dem Bug gegen den Eisberg.
Der erste Aufschlag verursacht einen etwa ein bis eineinhalb Meter
langen und etwa fingerbreiten Riß. Das Schiff wird ein Stück vom Berg
weggestoßen, jedoch vom Medium Wasser wieder an den Koloß gesogen. Sie
schlägt erneut auf. Ein ähnlicher Riß entsteht. Dieses Szenario
wiederholt sich. Wieder wird die Titanic abgestoßen und angezogen. Ein
dritter Riß mit ähnlichen Maßen entsteht. Noch weitere drei Mal schlägt
der Rumpf auf. Dabei entstehen Risse von 4,60, 10 und 13,70 Metern Länge
und von Finger- bis Handbreite. Es reißen nicht die Stahlplatten,
sondern die Stöße, jene Nahtstellen, an denen die Platten miteinander
vernietet sind. Von der Erschütterung geweckt; bzw. aufmerksam
geworden, eilen Kapitän Edward J. Smith und Konstrukteur Andrews auf
die Brücke. Der Kapitän läßt sofort die Maschinen stoppen. Er
schickt Andrews los, um sich den Schaden anzusehen. Fragenden
Passagieren sagt man lediglich, daß eine kleine Kollission
stattgefunden hat, aber kein Grund zur Panik bestehe. Andrews kommt nach
seiner Inspektion auf die Brücke. Seine Nachricht ist beängstigend. Fünf
von 16 Kammern wurden beschädigt und laufen voll. Die Türen wurden
geschlossen, jedoch hat Andrews die Lage erkannt. Das unsinkbare Schiff
ist verloren. Er erklärt den Offizieren auf der Brücke, daß die
Titanic gebaut wurde um noch mit 4 vollen Kammern schwimmfähig zu
bleiben. Da aber fünf Kammern mit über 400 Tonnen Wasser pro Minute
geflutet werden, wird der Iceanliner mit dem Bug zuerst in den Atlantik
sinken. Nach gewisser Zeit wird das Wasser über die dichten Türen ins
unbeschädigte Innere dringen. Obwohl die Pumpen eine Gesamtleistung von
1700 Tonnen pro Stunde haben, können sie das Unvermeidliche nur um ein
paar Minuten verzögern. Knapp 20 Minuten nach der Kollision schwappen
schon 7500 Tonnen Wasser im Rumpf.
Die Passagiere werden informiert, ein Notruf abgesetzt. Weiterhin
verschweigt man, daß die Lage sehr ernst ist. Auf dem Bootsdeck werden
erst Frauen und Kinder in die Rettungsboote gesetzt, da jedes
Besatzungsmitglied genau weiß, es gibt gerade Platz für die Hälfte
der Passagiere. Eine Stunde später stehen schon 24000 Tonnen Wasser im
Bauch des Giganten. Angst und Panik gehen durch die Passagiere, die
versuchen einen Platz in einem Rettungsboot zu bekommen. Der Bug
verschwindet in den Fluten. Passagiere unterhalb der 1. Klasse werden
nicht mehr an Deck gelassen, sie suchen verzweifelt nach einem Weg ins
Freie, um dort feststellen zu müssen, daß alle Boote weg sind. Einige
von ihnen finden sich mit ihrem Schiksal ab und warten in ihrer Kabine,
oder woanders auf der Titanic, auf das kalte Wasser welches ihr Ende
bedeutet. Andere versuchen sich im Wasser, welches nur wenige Grad über
dem Gefrierpunkt liegt, zu retten, indem sie an Holzbalken, oder Ähnlichem
Halt suchen. Weitere Passagiere versuchen zu den Rettungsbooten zu
kommen, welche teilweise mit viel zuwenig Passagieren besetzt sind. Während
dieser Panik, spielt die Kapelle an Deck weiter. Auch die Arbeiter an
den Kesseln bleiben auf ihrem Posten und halten die Stromversorgung bis
zum bitteren Ende aufrecht.
Nachdem fast die Hälfte des Schiffes unter Wasser liegt, beginnt sich
das Heck zu erheben. Die verbleibenden Pasagiere laufen verzweifelt vor
den Fluten davon. Zweieinhalb Stunden nach dam Zusammenstoß beginnt nun
der Todeskampf der Titanic. Das Heck scheint mit aller Gewalt die
Titanic, die inzwischen mit rund 40000 Tonnen Wasser vollgelaufen ist,
wieder nach oben zu drücken. Dabei steht das Heck schon so hoch, daß
die Passagiere, die keinen Halt gefunden haben, wie über eine
gigantische Rutschbahn in die Fluten rutschen. Wie ein enormer Hebel
versucht das Heck den Bug, der schon bis etwa 170 Meter unter Wasser
liegt, zu heben. Dabei liegt der Drehpunkt zwischen 170 und 190 Meter
hinter dem Bug. Jedoch kann die Konstruktion den Druck von 2500 Kilopond
pro Quadratzentimeter nicht standhalten, und so bricht das Schiff bei
170 und 190 Meter hinter dem Bug in drei Teile. 20 Sekunden etwa dauert
dieses Schauspiel, wobei ein dumpfes Grollen aus dem Schiff dröhnt.
Dieser Lärm überträgt sich durch die stählerne Außenhaut des
Schiffes aufs Wasser und erzeugt eine grausige Todesmelodie. Nach dem
Zerbrechen sind 190 Meter des Schiffes verschwunden. Das Heck fällt zurück
in die Waagerechte und beginnt sich nun wieder zu erheben. Etwa 2
Minuten bleibt das Heck in Hochhaushöhe über dem Meeresspiegel. Nun
neigt es sich ein wenig zurück, richtet sich wieder steil auf und
verschwindet nach einer 180 Grad Drehung sanft, fast geräuschlos im
Nordatlantik.
Über 1500 Menschen treiben nun im eiskalten Wasser. Sie versuchen sich
durch schwimmen warm zu halten, oder sie versuchen Holzstücke zu
erreichen, auf denen sie überleben könnten. Nach mehreren Stunden
trifft die Carpathia
am Unglücksort ein. Sie reagierte auf den Notruf sofort, war aber
selbst bei voller Kraft 4 Stunden entfernt. Sie nimmt die Überlebenden
an Bord. Zu diesem Zeitpunkt liegt das unsinkbare Schiff bereits bei 41
Grad 43 Minuten Nord und 49 Grad 56 Minuten West auf dem Grund des
Atlantik, auf einer Fläche die etwa der Innenstadt Londons entspricht,
verstreut.
Die Bilder sind ©
by Norman Fehling
© 2003 by Norman Fehling